Affen: Springer in den Wipfeln

Intelligent, aber von Menschen gejagd

Weißgesichtssaki Affen im Regenwald
Weißgesichtssaki Copyright: Bernd Kulow

Oben in den Baumkronen des Regenwalds sind sie die größten Akrobaten. Die Affen beherrschen die Baumwipfel. Dort oben in Astgabeln machen sie es sich auch nachts bequem.

Sie hangeln sich durch die Verästelungen, bewegen sich geschickt in der luftigen Höhe und das alles mit erstaunlicher Sicherheit. Das alles allerdings ohne Sicherheitsnetz. Wenn ein Affe wirklich mal daneben greift, ist das sein Todesurteil. Denn einen Sturz aus dieser Höhe können Affen nicht überleben.

Die Brüllaffen: Brüllen aus Spaß und Tollerei

In der Morgendämmerung kräht im Dschungel kein Hahn, dies erledigen die roten Brüllaffen (Alouatta seniculus). Schließlich haben die Brüllaffen ihren Namen von dem Mark erschütterndem Gebrüll, was sie veranstalten. Ihr Schreien übertönt alle Geräusche und Stimmen des Urwalds. In erster Linie machen sie damit gegenüber anderen Artgenossen deutlich, welches Revier sie besetzt haben – und das auf weiter Entfernung.

„Augenscheinlich macht den Tieren die donnernde Brüllerei aber häufig ganz einfach Spaß. Sie betreiben sie dann lediglich aus innerem Bedürfnis und Lustgefühl ohne wirklichen äußeren Anlass“, heißt es in der Enzyklopädie Urania Tierreich. Das Besondere an ihrem Chorgebrüll ist, dass es meist schlagartig abbricht. Dann folgt einige Minuten lang eine geradezu unheimliche Stille. Versteckt unter ihrem Vollbart befinden sich unter der Haut zwei hintereinander gekoppelte Resonanzkapseln – ihr Brüllinstrument. Außerdem dehnt sich der Kehlsack beim Brüllen extrem aus.

John Harrison beschreibt in seinem Reisebericht „Piranhas zum Frühstück“ das Gebrüll als Konzert:

„Ihr Gebrüll ist außergewöhnlich – besonders wenn man es aus nächster Nähe vernimmt. Es ist auch noch im Umkreis von vier bis fünf Kilometern zu hören. Aus der Ferne klingt es zuerst wie ein Sturmwind, doch dann kann man gewisse Feinheiten unterscheiden. Das Männchen bereitet sich langsam auf das große Brüllen vor. Es stößt zunächst lange, raue, vibrierende Atemzüge aus und atmet fast genauso kraftvoll wieder ein. Nach ungefähr zehn Atemzügen setzt es zu einem Crescendo an, das in einem lang gezogenen Brüllen endet. Gerät das etwas ins Stocken – vermutlich weil das Tier Atem holen muss -, kann man ein hohes Trillern wahrnehmen. Das sind die Weibchen“.

Röhren wie ein Düsenflugzeug

Andere Beobachter der Affen haben eher von einem lauten Röhren gesprochen. Das ähnele dem Starten eines Düsenflugzeugs. Immerhin hat man im Kölner Zoo beim Brüllaffen Kuni den Wert von 105 Dezibel gemessen. Bei 130 Dezibel ist die Schmerzgrenze des Gehörs beim Menschen erreicht. Mit ihrem hohen Dezibelwerten haben sie es bereits ins Guinness Buch der Rekorde geschafft. Denn sie gelten als die Stimm gewaltigsten Landtiere der Welt.

Die Brüllaffen gehören zu den Greifschwanzaffen. Der Name deutet bereits auf ihren langen, beweglichen Schwanz hin. Und dieser lange Schwanz dient ihnen als fünfte Hand. Beim Herumklettern in den hohen Bäumen bietet er eine zusätzliche Sicherheit.

Die lautesten  sind die Brüllaffen.

In der Gattung der Brüllaffen werden mehrere Färbungstypen unterschieden. Die roten Brüllaffen leben in Amazonien.

Nachtaffen: geräuschlos von Ast zu Ast

In Amazonien gibt es den einzigen Affen auf der Welt, der nachts aktiv wird: der Nachtaffe (Aotes trivirgatus). Er hat große, kugelrunde Augen, die an die Augen eines Nachtgreifvogels erinnern. Mit diesen Augen kann der Affe sogar in dunkelster Nacht ausgezeichnet sehen. Deshalb bewegt er sich nachts im dichten Gestrüpp völlig geräuschlos und springt auch nachts von Ast zu Ast.

Nachtaffen leben in Familiengruppen. Sie fangen kleine Tiere. Zur Verständigung untereinander stoßen die Nachtaffen kräftige Rufe aus. Am Tage rollen sie sich in Baumhöhlen zusammen und sehen aus wie ein Wollknäuel.

Kapuzineraffen: intelligent und anhänglich

Die Wissenschaftler haben in die große Vielfalt der Kapuzineraffen noch keine rechte Ordnung bringen können. Die Größe und Färbung variiert so häufig, dass eine Klassifizierung offenbar schwer fällt. Unterschieden werden vor allem zwei Hauptgruppen. Die einen tragen eigentümlich geformte Haarschöpfe. Sie werden als gehaubte Kapuziner bezeichnet, im Gegensatz zu den eigentlichen Kapuzinern.

Die Kapuziner sind im tiefen Urwald zu finden. Dort schließen sie sich zu größeren, gemeinsam wandernden Horden zusammen. Die Kapuziner gelten als Stimm begabt und lassen ihre Laute gern hören. Man nennt sie deshalb auch Winselaffen.

Kapuzineraffen sind sehr intelligent. Affenliebhaber brachten ihnen erstaunliche Kunststücke bei. Denn sie sind zu umfangreichen Lernleistungen befähigt. In Gefangenschaft werden die meisten von ihnen zudem sehr anhänglich. Die Kapuzineraffen sind in Amazonien die am weitesten verbreitete Affenart.

Vielfach werden Kapuzineraffen als Heimtiere gehalten. Doch auch in Zoos und Tiershows findet man sie des Öfteren. Sie waren häufig Begleiter von Drehorgelspielern und treten bis heute in diversen Darbietungen auf. Eine artgerechte Haltung ist dabei in den seltensten Fällen gewährleistet. In den USA gibt es sogar Projekte, in denen Tierexperten Kapuzineraffen als Hilfen für Menschen mit Behinderungen ausbilden.

Marina Chapman beschreibt in ihrem Buch, wie sie einen Teil ihrer Kindheit in einem Clan von Kapuzineraffen verbracht hat.

Klammeraffen: In hohen Wipfeln lieber auf Nummer sicher

Vorwiegend leben sie in tiefer gelegenen Regenwäldern in Amazonien. Dort sind sie die Akrobaten in den Baumkronen. Mit ihrem langen Schwanz klammern sie sich an einem Ast fest und lassen sich hängen. Andererseits benutzen sie den Schwanz in vielen Lagen als zusätzliche Sicherung. Doch sie können auch ganz ohne Sicherung auf Ästen lang spazieren.

Alle paar Jahre bringt die Mutter ein kleines Äffchen zur Welt. Auf dem Rücken der Mutter nutzt es seinen Schwanz als Sicherheitsgurt. Denn es klammert sich damit an der Mutter fest.

Klammeraffen (Ateles) sind gesellige Tiere. Gemeinsam gehen sie auf Nahrungssuche, vor allem Früchte und bestimmte Blätter.

Andrés Link von National Geographic hat die Klammeraffen im Magdalena Tal in Kolumbien beobachtet. Besonders ist ihm dabei aufgefallen, wie wichtig für die Affen der lange Schwanz ist. Sie lassen sich sogar am Schwanz hängen und haben so die Hände frei. 

Die Gattung der Klammeraffen beinhaltet sieben Arten.  Alle sieben Arten sind gefährdet. Der Baunkopf-Klammeraffe und der Braune Klammeraffe sind bereits vom Aussterben bedroht. Denn sie reagieren sehr empfindlich auf Störungen durch den Menschen. Sie brauchen den tiefen Regenwald zum Leben. Doch das rein wirtschaftliche Handeln des Menschen zerstört die Primärwälder Stück für Stück.

Krallenaffen: Schnurrbart oder Haarkrone

Besonders ausgestattet sind die unterschiedlichen Arten der Krallenaffen: mit Ohrbüscheln, Schnurrbart, Mähne oder Haarkrone. Diese Affen haben zudem ein seidenweiches Fell und einen langen Schwanz. Sie bilden die Gruppe der kleinen Affen. Diese Gruppe umfasst Zwergseidenaffen mit knapp 20 cm bis zum Löwenaffen mit bis zu 40 cm Länge.

Die Krallenaffen lieben Früchte, Blüten und Nektar. Überdies mögen sie den Milchsaft des Kautschukbaums. Aber selbst kleine Beutetiere wie Frösche, Echsen, Schnecken oder Spinnen verzehren sie. Die Krallenaffen nutzen die Raubzüge der Treiberameise. Wenn diese Ameisenschwärme durch den Wald marschieren, scheuchen sie alle möglichen Insekten auf. Für die Affen ein leichtes Spiel sich hier den Magen vollzuschlagen.

Krallenaffen leben in Gruppen, die 4 bis 20 Tiere umfassen. Die größte Zahl unterschiedlicher Arten von Krallenaffen leben am Mittel- und Oberlauf des Amazonas. In den vergangenen 20 Jahren haben Forscher dort neun neue Arten entdeckt.

Nur wenige haben überlebt

Früher hielt man die Affen für Überbringer von Gelbfieber und Malaria. Deshalb versuchte man vor allem die Krallenaffen auszurotten. Obendrein fing man Affen für biomedizinische Forschungszwecke. In Brasilien leben noch 95 verschiedene Affenarten, die der Wissenschaft bekannt sind, mehr als in irgendeinem Land der Welt.

Viele von ihnen sind jedoch bedroht. Von einigen Arten haben nur wenige Tausend überlebt – bislang. Doch ihr Verbreitungsgebiet wird immer stärker eingeschränkt durch die Rodung der Wälder.

Indes stoßen Forscher häufig auf neue Tierarten im Amazonas, sogar auf bislang unbekannte Affenarten.

Quellen:

  • David Macdonald (Hrsg.): Die große Enzyklopädie der Säugetiere,Königswinter 2004
  • Enzyklopädie Urania Tierreich
  • Wikipedia: Kapuzineraffe, 28.07.2016
  • Dr. Mario Ludwig: Die 66 verrücktesten Tierstimmen der Welt, München 2009
  • Wikipedia: Klammeraffen, 26.03.2018
Über Bernd Kulow 168 Artikel
Als Journalist gestalte ich diese Webseite. Seit 2 Jahren bin ich freischaffender Filmemacher unter dem Namen MANGO-Film. Gearbeitet habe ich für dpa, DIE ZEIT, stern, Frankfurter Rundschau, Hörfunk und Fernsehen. Der Regenwald hat mich von klein auf fasziniert. Mehrfach war ich in Mittel- und Südamerika unterwegs. Dabei hat mich vor allem der Amazonas Dschungel beeindruckt.

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