Gigantisches Flusssystem

100.000 Flüsse münden in den Amazonas

Amazonas Gigantisches Flusssystem
By Neil Palmer/CIAT (Flickr) [CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Gewaltig: Im Amazonas fließen 20 % des gesamten Süßwassers der Erde. Das Wasser fließt 6.400 Kilometer von den Andenquellen bis zur Atlantikmündung und bildet ein gigantisches Flusssystem.

Der Amazonas stimmt mit unserer gängigen Vorstellung von einem Fluss nicht überein. Er fließt nicht einfach in seinem Flussbett, begrenzt von Ufern. Jahr für Jahr überschwemmt er für Monate den Dschungel rechts und links auf einer Fläche bis zu 100 Kilometer breit. Der Amazonas wird deshalb häufig als Wasserlandschaft bezeichnet. Während der Überschwemmungsmonate verschwinden ganze Urwaldinseln unter den Wassermassen. Denn der Fluß kann in der Regenzeit um 20 Meter steigen. Erst nach Monaten bei sinkendem Wasserspiegel tauchen die Flussinseln wieder auf.

Wenn nach der Regenzeit die Ufer wieder sichtbar werden, zeigen sich auch weiße Sandstrände. Dann verwandelt sich das gigantische Flusssystem an vielen Stellen in traumhafte Orte. Dort baden nicht nur die Kinder der Flussbewohner. Hin und wieder sieht man Flusstouristen an den Stränden, zumindest im Umfeld der Städte. Vor allem Passagiere der Flusskreuzfahrten von Manaus aus entdecken die Exotik der Amazonas-Strände.

Die Menschen, die am Amazonas oder seinen Nebenflüssen leben, ernähren sich von dem enormen Fischreichtum und den Früchten, Nüssen und exotischen Nahrungsmitteln. In diesem Film erzählen die unterschiedlichsten Fluss-Menschen von ihrem Alltag. 

Die Quellflüsse des Amazonas entspringen in 5000 Meter Höhe in den peruanischen Anden. Dann suchen sie sich als winzige Bäche ihren Weg über Felsen und durch Schluchten, stürzen in engen Felsbetten hinab und vereinen sich bald zum Amazonas.

Allein 10 Nebenflüsse größer und länger als der Rhein

Die Dimensionen dieses Stromes sind kaum vorstellbar: Nach Schätzungen speisen 100.000 Nebenflüssen den Amazonas. Von denen sind 1.100 größere Flüsse. Zehn von ihnen würden sogar jeder für sich aufgrund der Länge und der Wassermenge den Rhein in den Schatten stellen. Der Amazonas fließt fast durch den ganzen südamerikanischen Kontinent und bildet das größte Flusssystem der Erde. Das Amazonasgebiet ist weit größer als die Fläche Europas. Ein gigantisches Flusssystem unglaublichen Ausmaßes.

Die brasilianische Regierung sieht in den unvorstellbar mächtigen Wassermassen ein riesiges Potenzial für Staudämme. Die Ströme des Amazonas sollen gebändigt und genutzt werden. Bereits heute gibt es über 100 Staudämme. In Zukunft sollen mehrere Hundert weiterer Staudämme riesige Mengen Strom liefern. Doch auch der Widerstand ist stark. Denn die Staudämme hinterlassen eine enorme Zerstörung der Flora und Fauna. Das indigene Volk der Munduruku hat es geschafft, den geplanten  São-Luiz-do-Tapajós-Staudamm zu stoppen.

Gigantisches Flusssystem Amazonas
By Kmusser [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/02/Amazonriverbasin_basemap.png

Gigantisches Flusssystem endet in einem Süßwassermeer

Nach 6.400 Kilometern schiebt der Amazonas seine Wassermassen in den Atlantik. Die Strecke entspricht der Entfernung von New York nach Rom. Dabei strömt aus seiner Mündung ein Fünftel des gesamten Süßwassers der Erde. Das Flusswasser drängt das Salzwasser des Meeres fast 200 Kilometer weit in die See hinaus.

Der spanische Schiffskapitän Vicente Yanez Pinzón entdeckte das Phänomen, als er im Jahre 1500 die Ostküste Südamerikas erforschen wollte. Auf offenem Meer war er plötzlich von Süßwasser umgeben. Er gab der Süßwasserfläche den Namen El Mar Dulce, das Süßwassermeer. Doch in Wirklichkeit war es die Mündung des Amazonas, die mehrere hundert Kilometer breit ist und erstaunlich große Inseln umfasst.

Mündung des Amazonas in den Atlantik
Copyright NASA über Wikimedia Commons

Die Mündung des Amazonas in den Atlantik in Brasilien. In der Mitte die Marajó Insel und die Städte Macapá (links) und Belém (rechts).

Das Flussbett ist so tief, dass sogar Überseeschiffe 3.700 Kilometer weit den Dschungelfluss hinauf fahren können. Selbst über 1.500 Kilometer landeinwärts ist der Fluss stellenweise noch 10 oder 11 Kilometer breit. Fracht- und Containerschiffe und ein wahres Sammelsurium unterschiedlichster Schiffe befahren den Fluss. Denn das Flusssystem des Amazonas ersetzt das fehlende Schienen- und Straßennetz. Doch es gibt keine einzige Brücke über den stärksten Fluss der Welt. Nur über den Rio Negro, den größten Nebenfluss des Amazonas, führt eine Brücke.

Wie erlebt man den Amazonas Fluss vom Bord eines Luxus-Schiffs? Samuel and Audrey – offenbar gesponsert – zeigen den Amazonas aus der Perspektive wohlhabender Urlauber.

Das riesige Amazonas-Flusssystem, mit der unübersichtlich großen Zahl von Nebenflüssen, nimmt etwa die Hälfte Brasiliens ein. Dazu die Flächen von 8 weiteren südamerikanischen Ländern. In seinem über 4.000 Kilometer langen Lauf durch das mit Dschungel bewachsene Amazonasbecken hat der Amazonas nur ein Gefälle von knapp einem halben Zentimeter pro Kilometer. Das Flusssystem gleicht deshalb in weiten Teilen einem Binnensee.

Regenmacher Amazonas

Dieses Flusssystem ist umgeben vom eigentlichen Regenmacher, dem Amazonas Regenwald. „Der Regenwald verdunstet täglich mehr Wasser, gibt mehr Feuchtigkeit in die Atmosphäre ab, als der wasserreichste, stärkste Fluss der Welt – der Amazonas – ins Meer fließen lässt“, so der Brasilianer Tasso Azevedo, Forstingenieur von Mapbiomas in der ZDF-Doku „SOS Amazonas – Apokalypse im Regenwald“ (22. Mai 2020)

Wie viel Energie bräuchte man, um die Wassermassen verdunsten zu lassen, die Amazonien täglich in die Atmosphäre aufsteigen lässt? Nach den Berechnungen des Brasilianers bräuchte man 6 Monate der gesamten Energie der Erde, um die Wassermassen zu erhitzen, die der Amazonas Regenwald jeden Tag verdunstet. Deshalb sei der Regenwald Amazoniens jeden Tag eine Billion Dollar wert. Aber solche Zahlen kümmern niemanden, wie der Brasilianer bedauert.

Unglaublicher Fischreichtum

Im Amazonas und seinen Nebenflüssen wimmelt es von Fischen und Kleintieren aller Art. In allen Flüssen Europas existieren gerade 150 verschiedene Fischarten. Dagegen sind der Wissenschaft mehr als 2.200 Arten im Amazonasbecken bekannt. Und Wissenschaftler gehen davon aus, dass es noch eine große Menge von bisher unbekannten Fischarten im Amazonasbecken gibt.

Die Natur im Amazonas-Delta. Eine herausragende Doku von arte.

Die Menschen im Amazonasbecken ernähren sich in erster Linie von den Fischen. Mittlerweile aber ist die Verschmutzung der Flüsse für viele Bewohner in Amazonien zu einem Fakt mit existenziellen Auswirkungen geworden. Denn das Wasser ist die unersetzliche Lebensgrundlage für die Indianer wie für alle Bewohner Amazoniens. Teilweise sind Flüsse von Quecksilber verseucht oder völlig tot. Das Quecksilber stammt von den Goldsuchern. Sie verwenden es bei der Goldgewinnung.

Der größte Fisch, der Arapaima oder auch Pirarucu genannt, durch den die einheimische Bevölkerung tierisches Eiweiß in große Menge bekommt, ist bereits in weiten Teilen des Amazonas verschwunden. Der Fisch wiegt bis zu 200 kg. Sein getrocknetes oder gesalzenes Fleisch hat die Menschen Jahrhunderte lang ernährt.

Der Film zeigt zunächst die Iguazú Wasserfälle. Die sind vier Mal so breit wie die Niagara-Fälle. Dann kommen beeindruckende Bilder vom Amazonas. Wenn der Amazonas einmal im Jahr für drei Monate aus den Ufern tritt, überschwemmt er die Urwälder. Dann stehen die Regenwald-Bäume bis 10 Meter tief im Wasser. 

 

Manáus – Industriestadt im Amazonas-Zentrum

Entlang des gigantischen Flusssystems gibt es nur wenige Städte, die vereinzelt im Dschungel liegen. Sie haben ausnahmslos einen mehr oder weniger großen Hafen. Im 17. Jahrhundert gründeten die Portugiesen in der Frühzeit ihres Königreiches Brasilien alle diese Städte. Mitten im Zentrum des riesigen Amazonas-Dschungels liegt Manáus. Sie ist die bekannteste Stadt am Amazonas. Für Brasilien bildet Manaus das Tor zum Amazonas Regenwald.

Bei Manaus vereinigen sich zwei Ströme der südamerikanischen Regenwälder. Der Rio Negro trifft hier auf den Rio Solimoes, wie die Brasilianer den Amazonas in seinem Lauf bis Manaus nennen. Erst nach dem Zusammenfließen der beiden Urwald-Flüsse heißt der Strom für die Brasilianer Amazonas.

Der Rio Negro gehört zu den sauren Flüssen Amazoniens. Er unterscheidet sich durch den pH-Wert wie auch die Temperatur vom Rio Solimoes. Dadurch leben in seinem sauren Wasser auch ganz andere Fischarten.

Um 1900 kam Manáus zu ansehnlichem Reichtum, als Kautschuk begehrt war und gute Preise erzielte. Kautschuksammler zapften den Kautschuk aus den Dschungelbäumen. Allerdings zwangen die Kautschukbarone die Sammler, vor allem Indianer, zu der Arbeit. Eine Untersuchung kam damals zu dem Ergebnis: Jede Tonne Kautschuk hat sieben Menschenleben gekostet.

Manáus war die zweite Stadt in Brasilien, die Elektrizität bekam. Aber nach kurzer Zeit, um 1920, war der Kautschukboom vorbei. Das prachtvolle Opernhaus und die breiten, gepflasterten Straßen verfielen dann Jahr um Jahr und wurden zu Überbleibseln einer reicheren Zeit.

Bildnachweise:

Über Bernd Kulow 168 Artikel
Als Journalist gestalte ich diese Webseite. Seit 2 Jahren bin ich freischaffender Filmemacher unter dem Namen MANGO-Film. Gearbeitet habe ich für dpa, DIE ZEIT, stern, Frankfurter Rundschau, Hörfunk und Fernsehen. Der Regenwald hat mich von klein auf fasziniert. Mehrfach war ich in Mittel- und Südamerika unterwegs. Dabei hat mich vor allem der Amazonas Dschungel beeindruckt.

4 Kommentare

    • Zitieren kannst du den Text folgendermaßen:
      Bernd Kulow, „Gigantisches Flusssystem – 100.000 Flüsse münden in den Amazonas“ von amazonas de (Zugriff hier das aktuelle Datum) Das erst Erscheinungsdatum kann ich nicht mehr nennen.

  1. Hallo, ich hätte gerne gewusst wie hoch die Temperatur im Fluss wo diskusfische leben ist. ich kann die permanente Temperatur der aquaristikbüchern von 30° nicht glauben.

    • Diese hohe Temperatur ist auch nicht richtig. Das rührt nur daher, dass einige Züchter Rinderherz verfüttern, das bei niedrigeren Temperaturen schlecht verdaulich ist.
      Mit passendem Futter sind Diskus auch problemlos bei 26-27°C zu halten.

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