Mythos Anakonda

Die Anakonda wickelt sich um ihr Opfer, drückt die Venen ab

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Um die Anakonda, die größte Schlange der Welt, ranken sich wilde Legenden und Mythen. In Action- und Horrorfilmen tritt die Würgeschlange auf, kann Menschen in Angst und Panik versetzen. Doch wie gefährlich ist sie wirklich? Gibt es tatsächlich Exemplare mit Längen von über 20 Metern?

Die Frage, wie groß eine Anakonda werden kann, hat die Menschen lange beschäftigt. In der früheren Reise- und Abenteuerliteratur ist von Riesenschlangen die Rede, wollen die Autoren Schlangen von 15 Meter Länge oder mehr gesehen haben. Die Anakonda galt als Monsterschlange. Ein Untier mit magischen Kräften, das Menschen aus weiter Entfernung ansaugen und verschlingen kann – über die Anakonda gibt es immer noch die absurdesten Vorstellungen und Gerüchte.

Und für Abenteurer war es immer wieder eine Herausforderung den Kampf mit der größten Schlange aufzunehmen. Manchen reizt dies wohl heute noch. Was passiert bei solch einem Kampf auf Leben und Tod?  Der dänische Dschungel-Abenteurer Jörgen Bitsch hat seinen dramatischen Kampf mit einer Anakonda sehr anschaulich geschildert.

Längenstreit entschieden?

Heute wird die Länge einer Anakonda mit 7 bis 9 Metern angegeben – immer noch groß genug. Noch immer streiten sich indes Schlangen-Experten, ob die Anakonda oder die asiatische Netzpython als die längste Schlange der Welt gelten kann.

Wer hat die größte Schlange gefunden? Kaum zu entscheiden, was Fake-News sind oder welche Berichte und Fotos den Tatsachen entsprechen.

Im September 2016 allerdings fanden Bauarbeiter in Brasilien eine Anakonda mit einer Länge von 10 Metern. Bei einer Explosion wurde die gigantische Schlange hervorgeschleudert. Damit hat sich wohl der Streit entschieden. Die größte Schlange ist die Anakonda.

Nur wenige Raubtiere wagen sich an eine große Anakonda.

Es soll immer noch eine hohe Prämie ausgesetzt sein für eine Anakonda mit einer Länge von 10 Metern. In den 30er Jahren hatte der Leiter des Bronx Zoo in New York 1.000 $ für eine Anakonda von 30 Fuß Länge ausgelobt. Doch bis heute hat dies Geld niemand abholen können, mittlerweile soll der Preis bei 50.000 $ stehen. Ob die Bauarbeiter in Brasilien sich den Preis abgeholt haben, ist bisher nicht bekannt.

Anakondas gehören, wie auch die Abgottschlange (Boa constrictor), zur Familie der Boa-Schlangen. Sie lieben das Wasser. Dort verbringen sie oft lange Zeit, dann ragt nur der Kopf über die Wasseroberfläche. Tiere, die zum Trinken in die Nähe des Wassers kommen, werden leicht zu ihrer Beute.

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Die Große Anakonda oder auch grüne Anakonda genannt, ist die bekannteste der vier Anakonda-Arten. Sie ist die größte Anakonda-Schlange und kommt an Land nur langsam voran.

Anakonda Würgeschlange
Diese Anakonda ist echt. Sie lebt im Zoo in Stuttgart. Bild: Bernd Kulow / Wilhelma

Im Wasser dagegen bewegt sie sich schnell und kann sogar einige Zeit unter Wasser bleiben. Dabei schlängelt sie sich in der Regel unten auf dem Grund der Gewässer entlang. In Sümpfen, stillen Gewässern oder langsam fließenden Flüssen fühlt sie sich am wohlsten. Sie ist von allen Anakondas am weitesten verbreitet, im gesamten nördlichen Tiefland Südamerikas bis zum Rio Paraná und Rio Paraguay.

Züngelnd auf Beute lauern

Meist lauern die Anakondas auf Beute. Sie liegen versteckt auf dem Erdboden oder getarnt auf einem dicht belaubten Ast. Dabei ist ihr wichtigstes Organ ihre gespaltene Zunge. Mit der Zunge riechen die Schlangen ihre Beute. Darum züngeln sie ständig mit ihrer langen Zunge, schieben diese nach draußen und ziehen sie wenig später wieder zurück. An der Zunge bleiben winzige Spuren von Duftstoffen hängen. Diese Stoffe gelangen ins Maul und werden mit einem speziellen Organ wahrgenommen. Die Schlangenzunge ist also Teil eines hochempfindlichen Riechsystems.
Sobald das Opfer nahe genug ist, schnellt der Kopf der Anakonda vor, beißt das Beutetier und umschlingt es mehrfach. Dabei wird das Opfer erstickt, denn der Biss ist nicht giftig. Das erbeutete Tier wird vollständig verschluckt, da die Anakonda ihre Beute nicht in Stücke beißen kann.

Rüdiger Nehberg schildert in seinem Buch: „Dem Mut ist keine Gefahr gewachsen“ wie er mit seiner Frau Annette eine Anakonda aus einem Nylon-Fischernetz im Amazonas Urwald befreit. Als seine Frau den Kopf der Schlange sieht, entfährt es ihr: „Mein Gott, ist der Kopf gruselig“. Verglichen mit anderen Schlangen hat die Anakonda in der Tat keinen eleganten Kopf. Daraus stechen ihre schwarzen, scheinbar bewegungslosen Augen hervor.

Nehberg beschreibt in dem Buch wie eine Anakonda auf Beutefang geht. Wenn sie im Wasser liegt, lasse sie nur ihre Augen herausschauen, um ein Opfer am Ufer zu fixieren. Dann tauche sie unter, ohne die geringste Welle zu verursachen. „Unter dem Wasser nähert sie sich dann der Beute und peitscht mit dem Vorderleib aus dem Wasser heraus. Was die spitznadeligen Zähne dann einmal zu fassen kriegen, das lassen sie  nicht wieder los“. Der Schlangenleib wird peitschengleich nachgezogen und um die Beute geworfen. Da liegt die Schlange dann wie eine Stahltrosse um den Brustkorb des Opfers. Es genügt dann eine einzige Körperumwindung, um die Atmung zu blockieren. „Dann wird die Hydraulikk in Aktion gesetzt. Chancenlos für das Opfer“.

Selbst Kaimane werden als Ganzes verschluckt

Die Anakonda gehört zu den gefährlichsten Tieren im Amazonas. Die Schlange kann es sogar mit einem Kaiman aufnehmen. Sie würgt den Kaiman zu Tode, dann verschluckt sie ihn. Sie schafft das, indem sie ihren Unterkiefer ausklinkt und ihr Maul damit riesige Ausmaße annimmt. Anschließend zieht sie sich zum Verdauen zurück, das dauert in der Regel 4 bis 5 Tage. Während dieser Verdauungsphase ist die Schlange ziemlich wehrlos.

Doch die Würgeschlange ist alles andere als gefräßig. Im Gegenteil: Anakondas gehören zu den Fastenweltmeistern. Eine Anakonda kommt Monate lang ohne jegliche Nahrung aus. Der Anakonda-Experte Dr. Lutz Dirksen hat beobachtet, wie eine Anakonda weit über ein Jahr lang ohne jedwede Nahrung aushielt.

Auch andere Quellen berichten, dass eine Anakonda über Jahre ohne Nahrung überleben kann.


Die Anakonda legt keine Eier wie die meisten Schlangen. In diesem herausragenden Film von dem bekannten britischen Tierfilmer Sir David Attenborough sieht man die Geburt von den kleinen Würgeschlangen. Brilliant! Erstaunlich, wie es das BBC-Team geschafft hat, diesen Film zu drehen. 

13 Männchen auf ein Weibchen

Zum Ende der Trockenzeit folgen die Männchen einem betörenden Duft, den sie ebenfalls mit ihrer Zunge wahrnehmen und verlassen ihre Reviere. Dabei nehmen sie die verlockenden Düfte der Weibchen Kilometer weit wahr. Doch nicht nur ein Männchen macht sich auf den Weg. Bis zu einem Dutzend männlicher Tiere werden von dem Lockduft eines Weibchens mobilisiert. Wer nun meint, es würde zu heftigen Kämpfen zwischen den konkurrierenden Männchen kommen, liegt völlig falsch. Die Anakondas haben ein einmaliges Paarungsverhalten entwickelt: Bis zu 13 Männchen verknoten sich zu einem Knäuel um ein Weibchen, um dieses schließlich zu begatten. Bis zu einer halben Tonne kann so ein Knäuel wiegen.

Und so schnell lösen sich die Schlangen nicht wieder von einander. In diesem Zustand bewegen sie sich sogar und schwimmen als Knäuel. Erst nach Wochen soll sich so ein Knäuel wieder entwirren und die Männchen in ihr eigenes Jagdrevier zurückkehren.

Dieses ungewöhnliche Paarungsverhalten ist den Wissenschaftlern erst seit einigen Jahren bekannt. Noch hat man nicht feststellen können, ob sich in solch einem „Paarungsknäuel“ das Weibchen nur mit dem stärksten Männchen paart oder mit mehreren. Während der Paarung und der Trächtigkeit nehmen Anakondas keine Nahrung zu sich. Bis zu 20% Gewichtsverlust können sie dabei erleiden, heißt es auf der Webseite www.anakondas.de des Anakonda-Experten Dr. Dirksen.

Ein Paarungsknäuel, in dem sich mehrere Männchen mit einem Weibchen verknotet haben. Unglaublich! Und so gefällt es ihnen über mehrere Wochen?! Jedenfalls führen sie keine Kämpfe um das Weibchen aus, wie beispielsweise Vipern, Pythons oder Nattern. Ein erstaunlicher Film von National Geographic.

Weibchen gewichtiger

Auf jeden Fall bringen die Anakonda-Weibchen mehr auf die Waage als die Männchen: Ausgewachsene Weibchen sind fast fünfmal schwerer als Männchen. Und sie überragen die Männchen bei weitem: Sie sind bis zu 3 Meter länger. Damit dürfte die Anakonda im Größenunterschied der Geschlechter den Rekord halten, zumindest bei den Landwirbeltieren.

Die Anakondas gehören zu den lebend gebärenden Schlangen und bekommen nach ca. 6-8 Monaten ihre Jungen. Zehn bis 40 Junge werden geboren, die bereits bei der Geburt bis zu einem halben Meter messen. Die Baby-Schlangen suchen sofort selbstständig ihren Weg ins Leben und tauchen ins Wasser.

Gefahr für den Menschen?

Eine Anakonda hat es nicht auf Menschen abgesehen. Zudem frisst sie nur ein paar Mal im Jahr. Anders wird es allerdings, wenn eine Anakonda sich bedroht fühlt. Dann kann sie durchaus auf einen Menschen losgehen.

Deshalb ist Vorsicht angebracht. Die Schlangen können schlecht sehen. Dafür nehmen sie Vibrationen wahr. Wenn man fest auf den Boden auftritt, sind Schlangen gewarnt.

Zwar ist eine Anakonda nicht giftig, doch sie besitzt über 100 messerscharfe Zähne. Wenn sie einmal zuschnappt, gibt es aus ihrem Maul kaum ein Entrinnen. Ihr Schlangenkörper wickelt sich um das Opfer, dabei werden die Venen abgedrückt und nicht die Knochen gebrochen, wie oft angenommen. Das Beutetier wird schnell bewusstlos.

Anakondas sind in ihrem Bestand gefährdet, da auch ihr Lebensraum, wie der so vieler Tiere, ständig weiter eingeschränkt wird. Wie viele Anakondas es noch gibt, ist nicht bekannt.

Quellen:

  • Jesús Rivas, „So fängt man eine Anakonda“ in: National Geographic 1/2002
  • Rüdiger Nehberg: „Dem Mut ist keine Gefahr gewachsen“, München 2020
  • Fauna Band VIII (Südamerika), München 1971
  • Dr. Lutz Dirksen: www.anakondas.de
  • www.zdf.de: Wunderbare Welt
  • Dr. Dietmar Mertens: Schlangen, Nürnberg 2008
  • Wikipedia: Anakondas (29.09.2016)

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Über Bernd Kulow 168 Artikel
Als Journalist gestalte ich diese Webseite. Seit 2 Jahren bin ich freischaffender Filmemacher unter dem Namen MANGO-Film. Gearbeitet habe ich für dpa, DIE ZEIT, stern, Frankfurter Rundschau, Hörfunk und Fernsehen. Der Regenwald hat mich von klein auf fasziniert. Mehrfach war ich in Mittel- und Südamerika unterwegs. Dabei hat mich vor allem der Amazonas Dschungel beeindruckt.

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