Morgen darf nicht gestern sein

Fotobuch über die Yanomami

Claudia Andujar Fotografie

Ein ganz besonderes Fotobuch über die Yanomami hat jetzt das Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main herausgebracht. Die Fotos stammen nicht von einer Ethnologin. Die künstlerisch-dokumentarische Sichtweise von Claudia Andujar formt dieses Fotobuch.

Im Frankfurter Museum für Moderne Kunst MMK galt der Fotografie von Beginn an ein starkes Augenmerk. Das Besondere: Im MMK werden künstlerische Fotografie und Dokumentarfotografie nicht von einander abgegrenzt. Vielmehr wird herausgestellt, wie sie inhaltlich und formal verwandt sind.

Vor allem Reportagefotos bilden eine Möglichkeit, soziale und gesellschaftliche Realitäten jenseits nationaler Grenzen im Kontext der Gegenwartskunst zu reflektieren. Im Fokus stehen dabei Werke bei denen sich künstlerische Verbindungslinien zwischen europäischer und außereuropäischer Perspektive ziehen lassen. Claudia Andujars fotografisches Werk gilt als eindrucksvolles Beispiel dieser Ansätze.

Die Fotografin und Aktivistin Claudia Andujar lebte Anfang der 70iger Jahre für mehrere Jahre bei den Yanomami. Diese direkte Begegnung mit den Ureinwohnern des Amazonas Regenwalds hatte entscheidenden Einfluss auf ihr weiteres Leben.

Jedem Yanomami eine Nummer um den Hals

In dem Buch, das deutsche und englische Texte enthält, schildert die Fotografin sehr eindrucksvoll ihr Leben in Brasilien. Denn dies war ein Wechselbad zwischen dem modernen Sao Paulo und den tief im Urwald, im unzugänglichen Grenzgebiet Brasiliens und Venezuelas, lebenden Yanomami.

Nachdem die Fotografin 1978 eine Kommission zur Verteidigung des Lebensraumes der Yanomami mitbegründet hatte, entstand eine herausragende Fotoserie. Denn im Rahmen einer Impfkampagne machte Andujar Porträtfotos der Yanomami, wobei jedem porträtiertem Yanomami eine Nummer um den Hals gehängt wurde. Diese Nummern dienten dazu, jeden Porträtierten später identifizieren zu können. Denn die Yanomami haben traditionell keine Namen. Statt dessen nennen sie sich nach ihren jeweiligen familiären Beziehungen. Denn sie leben in großen Familien.

„Markiert sein oder markiert werden?“ Unter diesem Titel fand am 16. Mai 2017 ein Gespräch im Museum für Moderne Kunst Frankfurt statt. Thema waren Bilder der Schweizer Fotografin Claudia Andujar: Porträtfotografien von brasilianischen Yanomami. Es sprachen Bernd Stiegler (Uni Konstanz) und Christoph Menke (Goethe-Uni), moderiert von Mirjam Wenzel, Direktorin des Jüdischen Museums Frankfurt.

Andujar: Ausdruck ihrer Augen

Die eigentlich nur für die Impfpässe aufgenommenen Fotos zeigen individuelle Persönlichkeiten, etwas von dem Charakter jedes Porträtierten. Zudem sind alle vor einem neutralen Hintergrund aufgenommen, und die meisten tragen europäische Kleidung.

Andujar betont, dass sie keine Anthropologin sei. „In allen meinen Fotografien bin ich am Blick einer Person interessiert, am Ausdruck ihrer Augen, und daran, mich ihrer Persönlichkeit zu nähern. Das ist meine Art zu versuchen, die Welt zu verstehen.

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Über Bernd Kulow 168 Artikel
Als Journalist gestalte ich diese Webseite. Seit 2 Jahren bin ich freischaffender Filmemacher unter dem Namen MANGO-Film. Gearbeitet habe ich für dpa, DIE ZEIT, stern, Frankfurter Rundschau, Hörfunk und Fernsehen. Der Regenwald hat mich von klein auf fasziniert. Mehrfach war ich in Mittel- und Südamerika unterwegs. Dabei hat mich vor allem der Amazonas Dschungel beeindruckt.

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