Faultier: 20 Stunden Schlaf

Auf keinen Fall Aufmerksamkeit erregen

Faultier mit glücklichem Gesichtsausdruck
Faultier: Zufrieden und gelassen - Copyright: jdross75

Einerseits will ein Faultier auf keinen Fall auffallen. Und andererseits so wenig Energie wie möglich verbrauchen. Beides zusammen macht seine Bewegungen so langsam, dass es tatsächlich kaum wahrgenommen wird.

Die Feinde der Faultiere nehmen vor allem heftige Bewegungen wahr. Da bleibt nur eines: Tarnung ist angesagt. Und beim Faultier kommen mehrere Faktoren zusammen, die es für seine Feinde fast unsichtbar machen.

Im peruanischen Regenwald sitzen wir neben unserem Führer Lobo in seinem Einbaum-Boot. Lobo zeigt nach oben in die Baumkronen. Wir folgen mit unseren Blicken seiner ausgestreckten Hand. Oben in einer Astgabelung erkenne ich ein Termitennest, wie sie hier manchmal in Bäumen zu sehen sind. Doch Lobo besteht darauf, dass dort oben ein Faultier in den Ästen hängt. Lange schaue ich auf mein Termitennest und muss dann zugeben, dass dort im Baum ein Faultier zu erkennen ist.

Tatsächlich, oben im Baum hängt ein Faultier, während es behäbig Blatt um Blatt futtert. Die Langsamkeit ist sein Markenzeichen. Denn auch sein Stoffwechsel und Stuhlgang funktionieren nur äußerst langsam. Damit hat es auch das entscheidende Merkmal, um zum Symbol für die Entschleunigung unseres Alltags zu werden. In der Tat wird das Faultier immer beliebter. Jetzt ist es sogar schon auf Produkten eines Drogeriemarktes zu sehen. Ganz abgesehen davon, dass niedliche Faultier-Babys inzwischen ganze YouTube-Kanäle füllen.

Sir David Attenborough, der bekannte britische Tierfilmer und Naturforscher, rückt hier einem Faultier auf den Pelz. 

Wie alt werden Faultiere?

Im Schlaf oder Halbschlaf verbringt das Faultier 20 Stunden jedes Tages und macht damit seinem Namen alle Ehre. Kein Wunder, dass es wohl bis zu 30 Jahren alt werden kann. Dabei hängt es all die Jahre fast immer kopfüber oben in einem Baum. Man kann leicht errechnen, dass es 25 Jahre seines Lebens schläft. Im Zoo haben Faultiere sogar noch länger gelebt. Im Zoo Halle ist ein Zweifinger-Faultier über 45 Jahre alt geworden. Mit 43 Jahren starb Miss C., das älteste Faultier Australiens im Jahr 2017.


Steckbrief Faultier – Bio Fakten

Familie: Folivora

Gattungen: Zweifinger-Faultiere (Choloepus) und Dreifinger-Faultiere (Bradypus). 6 Arten verteilen sich auf diese beiden Gattungen.

Größe: 42 bis 80 cm – Gewicht bis zu 11 kg

Verbreitung: Tropische Regenwälder des Amazonas Flachlands und Bergwälder. Auch in Teilen Mittelamerikas und auf Karibik-Inseln.

Herausragendes Charakteristikum: Für ihre Größe die niedrigste Stoffwechselrate aller Säugetiere. Bewegen sich in den Bäumen mit dem Rücken nach unten

Name: Der Name bezieht sich auf die äußerst langsamen Bewegungen.

Soziales Verhalten: Einzelgänger, halten sich vorwiegend in Baumkronen auf


Einmal pro Woche Stuhlgang

Der Stoffwechsel ist beim Faultier sehr viel niedriger als bei anderen Säugetieren. Denn wie es sich bewegt, so funktioniert auch die Verdauung: äußerst langsam. Der Grund ist vor allem die Blätternahrung. Hoch oben in einem Regenwaldbaum frisst es langsam Blatt um Blatt. Doch die Blätter der Tropenbäume sind meist hart und manchmal giftig. Darauf ist die Verdauung eingestellt. Das Faultier hat einen gekammerten Magen mit dem sie fast so verdaut wie die Wiederkäuer, unsere Nutztiere, die Rinder, Schafe und Ziegen vor allem.

Nur einmal pro Woche hat es Stuhlgang. Dann begibt es sich sehr langsam vom Baum auf die Erde, gräbt ein Loch und hinterlässt trockene, harte Fäkalien. Jedenfalls machen dies die Dreifinger-Faultiere. Die zurückgelassenen Fäkalien entsprechen einem Drittel seines Körpergewichts. Doch die Natur hat ihre Last mit den Faultier-Fäkalien: Die Zersetzung dauert rund zehn Mal länger als sonst üblich. Manche Zweifinger-Faultiere hingegen lassen ihre Exkremente einfach vom Baum fallen. Ansonsten kommen die Faultiere allenfalls hinunter auf die Erde, wenn sie einen neuen Baum als Futter-Reservoir entdeckt haben.

Mehr zu den Faultieren hier auf AMAZONAS.de:

Schmetterlinge leben im Fell

Das Fell besteht aus einer dichten, langhaarigen Wolle. Darin leben mikroskopisch kleine Grün- und Blaualgen, die das Fell farblich an die Pflanzenwelt der Umgebung anpassen. Damit ist das Faultier nur noch schwer zwischen den grünen Blättern auszumachen. In seinem dichten Fell leben sogar drei Schmetterlingsarten in enger Symbiose mit dem Gastgeber. Denn sie legen dort auch ihre Eier ab.

Neben den Algen und Schmetterlingen gedeihen in dem filzigen Fell auch Motten, Käfer und Pilze. Wissenschaftler sind jetzt überzeugt, im Fell der Faultiere Mikroorganismen zu finden, aus denen man neue Antibiotika entwickeln kann. Denn das ist dringend nötig. Bekanntlich werden immer mehr Krankheitserreger gegen die jetzt genutzten Antibiotika resistent.

Somit verbringt das Faultier einen Tag wie den anderen oben in einem Tropenbaum. Alldieweil es träge Blatt um Blatt futtert. Aufgrund seiner guten Tarnung hat es fast keinen natürlichen Feind. Einzig der Jaguar oder die Harpyie können ihm gefährlich werden, doch die nehmen es meist nicht wahr. Wenn es doch wahrnehmen, setzt sich ein Faultier mit seinen Krallen durchaus zur Wehr. Dann zögert ein Jaguar, bevor er ein Faultier angreift.

Das Faultier frisst giftige Blätter. Denn in seinem Magen leben unterschiedlichste Bakterien, die dies ermöglichen. 

Ein Leben verkehrt herum

Obwohl ein guter Schwimmer, wenn auch ein langsamer, fühlt sich das Faultier doch oben in den Bäumen am sichersten. Dort hängt es mit dem Rücken nach unten in den Ästen. Mit seinen langen Krallen kann es sich bequem festhaken. Außerdem ist das Fell auf dem Bauch gescheitelt. Deswegen läuft Regenwasser einfach vom Bauch herunter. Und sein schwerstes Körperorgan, die große Leber, liegt am Rücken des Tieres. Sein Leben „verkehrt herum“ ist also angenehm für ein Faultier.

Zudem ist das Faultier sehr zäh und widerstandsfähig. Deshalb kann es Schläge einstecken und Wunden ertragen, die für jedes andere Säugetier tödlich wären. Auch Durst und Hunger können ihm so schnell nichts anhaben.

Tempo: 2 Meter pro Stunde

Pro Tag sind Faultiere etwa 4-5 Stunden lang am Blätter fressen und klettern oben in Ästen herum. Angeblich bewegen sie sich mit einer Geschwindigkeit von zwei Metern die Stunde. Den Rest des Tages verbringen sie schlafend.

Gerade einen Monat alt ist das Faultier Baby, was sich am Rücken der Mutter festklammert. So schwimmen sie durch den überfluteten Amazonas Regenwald. Manchmal müssen auch Faultiere einen Weg zurücklegen. Denn schmackhafte Blätter gibt es nicht an jedem Baum. 

Die Tragzeit beträgt etwa 5 ½ Monate. Dann kommt ein kleines Faultier mit offenen Augen zur Welt. Das Kleine klammert sich fest ans Fell der Mutter, um nicht aus den Baumkronen herunter in den Tod zu stürzen.

Zwergfaultier vom Aussterben bedroht

Im Amazonas hat es Riesenfaultiere gegeben, bis zu 6 Meter lang. Doch sie starben vor 10.000 Jahren aus. Allerdings glauben manche Zoologen, dass es noch Überlebende dieser Art gibt.

Isabel Allende, die berühmte südamerikanische Schriftstellerin, hat vor dem Hintergrund dieses Mythos das Jugendbuch „Die Stadt der wilden Götter“ geschrieben. Eine spannende Expedition in den Dschungel auf der Suche nach dem riesigen, unbekannten Biest.

Ob es nun noch überlebende Riesenfaultiere gibt oder nicht. Eines ist unstrittig: Der Lebensraum der jetzigen Faultiere wird immer kleiner. Die Vernichtung der Regenwälder nimmt ihnen den Platz zum Leben. Zudem werden Jungtiere gefangen, um sie illegal als Haustiere zu verkaufen.

Besonders gefährdet ist das Zwergfaultier. Der Verein „Rettet den Regenwald“ schickt eine Petition an die Direktorin der Nationalen Umweltbehörde von Panama (ANAM) Mirei Endara Heras. Denn das Zwergfaultier lebt auf der kleinen, unbewohnten Karibikinsel Escudo de Veraguas, die zu Panama gehört.

Hier an der Rettungsaktion teilnehmen und die Petition online unterschreiben.

Quellen:
  • Beitragsfoto: Baby Faultier, Wikimedia Commons
  • Lebendige Wildnis: Tiere der Regenwälder, Verlag Das Beste, Stuttgart, Zürich, Wien
Über Bernd Kulow 168 Artikel
Als Journalist gestalte ich diese Webseite. Seit 2 Jahren bin ich freischaffender Filmemacher unter dem Namen MANGO-Film. Gearbeitet habe ich für dpa, DIE ZEIT, stern, Frankfurter Rundschau, Hörfunk und Fernsehen. Der Regenwald hat mich von klein auf fasziniert. Mehrfach war ich in Mittel- und Südamerika unterwegs. Dabei hat mich vor allem der Amazonas Dschungel beeindruckt.

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