Eulen: dumm oder weise?

In vielen Kulturen die Begleiter des Todes

Crested Owl Haubeneule
Haubeneule: By Joao Quental (Flickr) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Eulen gibt es auf der ganzen Welt, vor allem auch in Regenwäldern. Sie haben in allen Kulturen die Menschen beeindruckt. Doch bei den einen gelten sie als dumm, bei den anderen als weise.

Eulen im Regenwald, im Amazonas? Für mich will das nicht recht zusammen passen. Zumal Eulen in meiner Vorstellung in nördlichen Wäldern leben, nicht in den Tropen. Somit scheinen sie mir ein starker Teil unserer nördlichen Kultur zu sein. Doch weit gefehlt! Denn mehr als 250 Eulenarten gibt es auf der Erde und davon kommt die Mehrheit in den Tropen und Subtropen vor. In Süd- und Mittelamerika sind 27 % aller Eulenarten zu Hause.

Da die Eulen über den gesamten Erdball verbreitet sind, haben sie in vielen Kulturen starke Eindrücke hinterlassen. Denn Eulen haben ein menschenähnliches Aussehen. Der große Kopf mit den großen Augen und dem stechenden Blick hat die Menschen überall beeindruckt. Dabei sitzen die Augen nicht wie bei den anderen Vögeln eher seitlich im Kopf, sondern nach vorne schauend. Zudem können die Nachtvögel mit dem oberen Augenlid zwinkern. Und vor allem ähnelt der kleine Schnabel eher einer Nase. Hierdurch erscheint der Kopf der Eule wie ein menschenähnliches Gesicht.

Der schauerliche Eulenschrei

Zudem sind fast alle Eulenarten nachtaktiv. Mit ihren Rufen stören sie die Stille der Nacht. Somit haben die Eulen mit ihren außergewöhnlichen Eigenschaften auf die Menschen verschiedenster Kulturen einen großen Reiz ausgeübt. Und tun dies in vielen Gegenden noch heute.

Ich kann die Wirkung von Eulen gut nachvollziehen. Bei mir haben Eulen schon mal eine Gänsehaut hervorgerufen. Es war in einem bitterkalten Winter tief im hessischen Burgwald. Bei diesigem Licht, obwohl am Tage, wanderte ich durch den verschneiten Wald. Als ich am Rande einer Lichtung meinen Blick nach oben richtete, lief es mir kalt den Rücken herunter. Über mir auf einem Ast starrten mich fünf Waldkäuze an. Ihre stechenden Blicke über mir ließen mich selbst erstarren. Offenbar hatten sie immensen Hunger. Als Beute war ich ihnen dann aber wohl doch zu groß.

Der Animationsfilm „Legend of the Guardians: The Owls of Ga’Hoole“ zeigt wie menschlich Eulen dargestellt werden können. Denn in dem Phantasiefilm von Zack Snyder behalten die Eulen weitestgehend ihr natürliches Aussehen. Mit den Mitteln des modernen Animationsfilm werden sie zu Individuen mit eigenem Charakter. Der Filmmacher hat offenbar erkannt, dass Eulen durch ihre speziellen Merkmale sich hervorragend für einen Animationsfilm eignen.

Eulen mit Gruseleffekt

Der gruselige Effekt den die Eulen und ihr Schrei auf den Menschen haben, wird heute besonders in der Filmindustrie genutzt. Beispielsweise ertönt ihr Ruf in zahllosen Horror- und Gruselfilmen. Zudem fliegen sie im Dämmerlicht durchs Bild.
Was man in den Eulen sah, welche Eigenschaften man ihnen in einzelnen Kulturen zuschrieb, war sehr unterschiedlich. Heimo Mikkola schreibt im Handbuch Eulen der Welt:

„Wenige andere Vögel haben so viele verschiedene und gegensätzliche Vorstellungen hervorgerufen wie die Eulen. Denn sie wurden nicht nur gefürchtet und verehrt, verachtet und bewundert, für weise und dumm gehalten, mit Hexerei, Heilkräften, Wetter, Geburten und Todesfällen in Verbindung gebracht – sie fanden sogar ihren Weg in die haute cuisine.“

Begleiterin des Todes

Schon frühzeitig galt die Eule als Begleiterin des Todes. So zeigt eine sumerische Schrifttafel aus Mesopotamien (2300 bis 2000 v. Chr.) Lilith, die Göttin des Todes, mit Eulen an ihrer Seite. Auch Hieroglyphen der Maya enthalten Eulensymbole. Diese sind mit dem Gott des Todes wie auch mit dem Kriegsgott und Menschenopfern verbunden.

Die Zapoteken in Südmexiko glaubten, dass Eulen beauftragt seien, den Tod eines Menschen anzukündigen und schließlich dessen Seele abzuholen. In dem ländlichen Zonenrandgebiet, in dem ich aufgewachsen bin, war ein ähnlicher Aberglaube verbreitet. Das Rufen der Eule in den abgelegenen Dörfern galt bei manchen ebenfalls als Ankündigung des Todes.

Die Fotografin Tanja Askani hat wundervolle Aufnahmen von Eulen in diesem Video zusammengestellt.
Folgende Eulen sind zu sehen: Siberian eagle owl (Bubo bubo sibiricus), snowy owl (Nyctea scandiaca), little owl (Athene noctua), short-eared Owl (Asio flammeus), great gray owl (Strix nebulosa), tawny Owl or Brown Owl (Strix aluco), eagle owl (Bubo bubo) and barn owl (Tyto alba). 

Eulen: dumm oder weise?

Vielleicht hat diese den Eulen zugeschriebene Gabe der Vorsehung andererseits zu der Vorstellung geführt, dass Eulen besonders intelligent, ja weise sind. Bereits in der griechischen Mythologie galt die Eule als Symbol für Weisheit. So soll Athene, die Göttin der Weisheit, immer eine Eule als Begleiterin gehabt haben. Die Römer aber sahen das ganz anders. Für sie war die Eule ein völlig dummer Vogel. Auch in Indien und sogar in Finnland wird die Eule als Sinnbild für Dummheit und Wichtigtuerei angesehen.

Eulen: dumm oder weise? Diese Frage wird in einzelnen Kulturen offensichtlich sehr gegensätzlich beantwortet. Das macht deutlich, dass solche Charakterisierungen kulturell bedingte Interpretationen sind. Doch diese Zuschreibungen wirken sich aus für die Eulen. In manchen Ländern werden sie heute noch getötet. Dort werden sie mit Hexerei und Magie in Verbindung gebracht. Bis in die 50iger Jahre gab es in Finnland sogar Belohnungen für das Töten von Uhus. In Mexiko tötet man sie angeblich wegen ihrer Federn, mit denen man die Wohnungen dekoriert.

Eulen im Amazonas

In Regenwäldern fühlen sich viele Arten der Eulen sehr wohl. Eulen gehören zu den Vögeln im Regenwald. Sogar die Schleiereule mit ihrem weißen, klar abgegrenzten Gesicht liebt den Amazonas. Es ist die Amerikaschleiereule, die in ganze Südamerika heimisch ist bis hoch nach Nordamerika.

Als „klopfende Eule“ bezeichnet man in Brasilien den Brillenkauz. Denn seine Rufe erinnern stark an das Klopfen eines Buntspechtes. Dichte Regenwälder von Kolumbien bis Peru und Bolivien liebt die Rio-Napo-Kreischeule. Sie hat ein seltsames Aussehen: zimtfarbene Federn und gelbe Augen

Dagegen erinnert der Zebrakauz mit seinen weißen Streifen im Gefieder an ein Zebra. Er kommt in ganz Amazonien vor, von Kolumbien im Norden über Brasilien bis nach Nord-Argentinien. Eine ähnliche Verbreitung in Südamerika hat der Sprenkelkauz. Auch er bevorzugt die feuchten Tieflandwälder. Wegen seiner Stimme ist er bekannt. Die wird als scharfes, klangvolles, froschartiges Gwuo beschrieben.

Die kleine Watsoneule liebt ebenfalls die Tiefland-Regenwälder in Kolumbien, Venezuela, Surinam, Ecuador und Peru. Sie hat bernsteingelbe Augen. Verschiedene Kreischeulen sind ebenfalls in Amazonien beheimatet.

Besser hören und sehen als der Mensch

Forscher haben insbesondere die Sehfähigkeiten der Schleiereule untersucht. Sie konnten messen, dass die Empfindlichkeit des Sehens bei der Schleiereule 35-mal größer ist als beim Menschen. Auch die Sehschärfe bei geringer Lichtstärke ist deutlich erhöht.

Atemraubende Aufnahmen vom Flug der Schleiereule

Die Eulen haben zudem eine große Ohröffnung. Wissenschaftler belegten in Untersuchungen: Die Schleiereule hört zehnmal besser als der Mensch. Anders formuliert, Schleiereulen sind in der Lage in totaler Dunkelheit allein mithilfe ihres feinen Gehörs ihre Beute zu lokalisieren und zu fangen. Bei den entscheidenden Sinneswahrnehmungen Hören und Sehen sind die Eulen also dem Menschen weit überlegen.

Etwa die Hälfte aller Eulenarten tragen auf dem Kopf Federbüschel. Diese sehen aus wie Ohren und man nennt sie entsprechend Federohren. Doch sie haben nichts mit dem Gehörsinn der Eulen zu tun.

Wozu diese Federohren gut sind, ist bei den Eulenkundlern umstritten. Die einen meinen, sie ahmten mit den Federohren das Drohverhalten von Säugetieren nach. Dadurch stünde ihnen ein größeres Abschreckungspotenzial zur Verfügung. Andere jedoch meinen, die Eulen könnten sich so besser tarnen. Somit würden sie einem abgebrochenen Ast ähneln.

Leise Flieger

Die Eulen beherrschen einen sehr leisen Flug. Dadurch haben sie einen großen Vorteil bei der Jagd auf Beute. Obwohl Wissenschaftler dies bereits 1934 untersuchten, bleibt es bis heute ein Rätsel. Denn es ist nicht eindeutig klar, woher diese Fähigkeit rührt.

Thomas Bachmann will dem leisen Flug der Eulen auf den Grund gehen. Deshalb will er nach ihrem Vorbild leise Flugzeugflügel entwickeln. Eulen: dumm oder weise? Auf jeden Fall wollen die Flugtechniker von den außergewöhnlichen Flugkünsten der Eulen profitieren.

Schützt die Eulen!

Für die heimischen Eulen setzt sich der Landesverband Eulen-Schutz SH seit über 35 Jahren ein. Dazu führt Verein mit Unterstützung der schleswig-holsteinischen Landesregierung Artenschutzprogramme durch. Dabei stehen fünf Eulen auf der Prioritätenliste:

Raufußkauz
Sperlingskauz
Steinkauz
Schleiereule
Uhu

In Deutschland haben sich die Eulen Experten zur Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen (AG Eulen) zusammengeschlossen. Die Fachleute bieten Informationen über europäische Eulenarten, Tipps für den Umgang mit kranken Eulen und eine Jahrestagung mit Vorträgen.

International setzt sich The World Owl Trust für den Schutz der Eulen ein. Der Trust hat mit Schutzprogrammen bereits zerstörte Habitate wieder hergestellt.

 

Quellen:

Über Bernd Kulow 168 Artikel
Als Journalist gestalte ich diese Webseite. Seit 2 Jahren bin ich freischaffender Filmemacher unter dem Namen MANGO-Film (www.mango-film.de). Gearbeitet habe ich für dpa, DIE ZEIT, stern, Frankfurter Rundschau, Hörfunk und Fernsehen. Der Regenwald hat mich von klein auf fasziniert. Mehrfach war ich in Mittel- und Südamerika unterwegs. Dabei hat mich vor allem der Amazonas Dschungel beeindruckt.

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