Kahlschlag ungebremst?

In welchem der 9 Länder des Amazonas wird am meisten Regenwald zerstört?

Lkw Transport von Tropenhölzern Amazonas
Tropenholz Transport in Venezuela. Copyright: Bernd Kulow

Neun Länder haben Anteil am Amazonas Regenwald. Alle Länder sind am Kahlschlag des Dschungels beteiligt. Das Ausmaß schwankt von Jahr zu Jahr.

Die Regenwälder im Amazonasbecken bedecken eine Fläche von 8 Millionen Quadratkilometern. Auf Brasilien entfällt dabei der größte Anteil, nämlich 65 Prozent (5,2 Millionen Quadratkilometer). Die restlichen 35 Prozent verteilen sich auf die weiteren Länder Amazoniens.

“Wenn sich das Klima verändert – durch Abholzung oder Erderwärmung – besteht das Risiko, dass mehr als 50 Prozent des Amazonas zu einer Savanne werden,“ befürchtet der brasilianische Klima-Experte Carlos Nobre in diesem Beitrag von euronews (2018).

Bis 2030 drohe der Verlust von mindestens 20 Prozent der Fläche des größten tropischen Walds der Welt. Der Regenwald umfasst ungefähr 4.1 Millionen Quadratkilometer und bedeckt fast 60 Prozent der Fläche Brasiliens.

“Die Tatsache, dass die Abholzung des Amazonas weitergeht zeigt die Problematik und den Niedergang der Demokratie in Südamerikanischen Ländern“, so der Klima-Experte. Demokratie funktioniere nicht mehr in Brasilien. Denn die Mehrheit der Bevölkerung sei gegen die Abholzung des Amazonas. Aber diese Einstellung sehe er in der brasilianischen Politik nicht wiedergespiegelt. Man gehe davon aus, dass jetzt schon ein Fünftel des Walds zerstört ist.

Die WWF spricht davon, dass illegale Rodungen und Bebauungen den Regenwald am Amazonas in den nächsten 20 Jahren sogar bis zu 55 Prozent beschädigen oder zerstören könnten. Offenbar gelangt Tropenholz immer noch nach Europa, illegal. Vor allem über den Hafen in Rotterdam.

Bodenschätze, Öl und Gas unter dem Dschungel

Zahlen zum Kahlschlag des Urwalds in den einzelnen Ländern zeigen für die Jahre 2008 bis 2012 stark schwankende Abholzungsmengen. In Brasilien ging die Entwaldung gemessen in Hektar zwar von 1.863.385 Hektar in 2008 auf 760.596 in 2012 deutlich zurück. Gegenüber den 574.071 Hektar in 2009 nahm sie allerdings wieder zu.

Im Regenwald im Osten Ecuadors sind bereits heute riesige Landstriche dieses einmaligen Waldgebiets durch Ölförderung verseucht. Nur wenige Einheimische wagen es, dagegen zu protestieren. Die Bewohner des Dorfes Sarayaku tief im Dschungel Ecuadors streiten seit Jahren gegen die Öl-Konzerne, die auf ihrem Grund und Boden nach dem lukrativen Rohstoff bohren wollen. Dieses Video ist ein Ausschnitt aus dem Film „Die Kichwa-Krieger und das Öl“

Allein in Kolumbien ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Wird die Abholzung für 2008 noch mit 65.416 Hektar angegeben, lag sie 2012 bei nur noch 10.018 Hektar. In Peru dagegen gab es einen erschreckenden Anstieg: Von 62.781 in 2008 auf 109.317 Hektar. Diese Steigerung führt Cláudio C. Maretti vor allem auf die gestiegene Ausbeutung des Urwalds durch Bergbau, Öl- und Gasexploration sowie eine Ausweitung der Landwirtschaft und Viehhaltung zurück.

Erschreckender Anstieg des Kahlschlags

Ähnliches ergibt sich für Bolivien. Zwar ging die Rodung von 75.972 in 2008 auf 32.047 in Hektar in 2012 zurück. Doch in 2010 wurden erschreckend viele Urwaldbäume gefällt: 395.409 Hektar. In Bolivien zieht es offenbar viele Menschen aus den Anden Richtung Regenwald. Dies ist mit Plantagen und Viehhaltung in großem Stil verbunden. Damit gibt es hier nun ähnliche Tendenzen beim Kahlschlag wie in Brasilien in den vergangenen Jahren.

In den kleineren Ländern Guyana und Suriname sind seit 2008 Verdreifachungen der Abholzung zu verzeichnen, auf etwa 19.000 Hektar im Jahr 2012. Und nicht viel besser sieht es in Venezuela aus. Dort kam es in den Jahren fast zu einer Verdoppelung auf 37.103 Hektar. Dagegen war der Anstief in Ecuador und Französisch-Guayana nicht ganz so dramatisch. Mit zum Teil starken Schwankungen stieg die Abholzung auf 3.732 Hektar (Französisch-Guyana) und auf 5.436 (Ecuador).

Insgesamt ist der Kahlschlag ungebremst. Zwar gibt es positive Entwicklungen, doch gerade in den Andenländern ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen.

Die Zahlen stammen aus dem Buch von Claude Martin „Endspiel. Wie wir das Schicksal der tropischen Regenwälder noch wenden können“, München 2015.

Internationale Gemeinschaft gefordert

Doch es gibt auch Positives: Kolumbien hat sich auf eine Null-Entwaldung bis 2020 verpflichtet. Bolivien hat ein Gesetz erlassen, das die „Madre Tierra“ (Mutter Erde) als heilig betrachtet und auf eine Entwicklung im Einklang mit der Natur abzielt. Ecuador stellt mehr finanzielle Mittel für die nationalen Schutzgebiete zur Verfügung. Peru will seine Emissionen im Zusammenhang mit der Änderung der Landnutzung bis 2021 auf Null reduzieren. Wie weit der Kahlschlag an den Regenwäldern in Amazonien in Zukunft nachhaltig vermindert und gestoppt wird, liegt nicht allein an den Ländern, sondern auch an der internationalen Gemeinschaft.

Maretti sieht noch eine große Herausforderung für die Amazonas Länder die Abholzung einzuschränken:

„Wenn wir bedenken, welche beeindruckenden Anstrengungen Brasilien in den letzten zehn Jahren zur Eindämmung der Entwaldung unternommen hat, Anstrengungen, welche das Land noch immer auf kein ausreichend niedriges Entwaldungsniveau gebracht haben, dann können wir erahnen, was in den anderen Staaten noch zu tun ist.“

Nach Ansicht vonMaretti ist die internationale Gemeinschaft gefordert. Bislang hat sich die Unterstützung auf Pilotprojekte beschränkt. Allein das Schutzgebietsprogramm ARPA (Amazon Region Protected Areas Program) in Brasilien war von größerem Ausmaß.

Die meisten Bäume fallen dem Profitstreben der Holzwirtschaft oder kriminellen Banden zum Opfer. Doch auch Kleinbauern roden Wald. Zwar sind dies stets nur kleine Flächen. Jedoch summieren sie sich zu einer riesigen Fläche Urwald. Bei vielen Kleinbauern geht es dabei um die Existenz.

Quellen:

  • Cláudio C. Maretti: „Eine neue Entwaldungsanalyse für das Amazonas-Biom“ in: Claude Martin: „Endspiel. Wie wir das Schicksal der tropischen Regenwälder noch wenden können“, München 2015
  • Claude Martin: „On the Edge. The State and Fate of the World´s Tropical Rainforests“, Berkeley 2015 Google Books
Über Bernd Kulow 168 Artikel
Als Journalist gestalte ich diese Webseite. Seit 2 Jahren bin ich freischaffender Filmemacher unter dem Namen MANGO-Film. Gearbeitet habe ich für dpa, DIE ZEIT, stern, Frankfurter Rundschau, Hörfunk und Fernsehen. Der Regenwald hat mich von klein auf fasziniert. Mehrfach war ich in Mittel- und Südamerika unterwegs. Dabei hat mich vor allem der Amazonas Dschungel beeindruckt.

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