In unseren Nutztieren stecken noch ihre wilden Vorfahren. Doch wo können sie dies ursprüngliche Verhalten noch ausleben?
Als Filmemacher habe ich Bauerntiere im Freien gefilmt. Denn dort wird deutlich, wie sich Kühe, Schweine oder Hühner ganz anders verhalten können wie in den modernen Ställen. Die Massentierhaltung gibt den Tieren keine Chance mehr, ihr angeborenes Verhalten auszuleben.
Meine Aufnahmen mit der Filmdrohne zeigen Erstaunliches: Die Rinder auf der Weide bewegen sich in der Herde. Sie sind Herdentiere. Wenn sie die Möglichkeit haben, leben 20-30 Tiere in einem Sozialverband. Dabei haben sie eine ausgeprägte Sozialstruktur und Rangordnung. Einmalige Rangkämpfe klären die Rangordnung. Zudem halten Rinder entsprechend dem Rang eines Tieres einen Mindeststandard ein. Mit anderen Tieren bilden sich Freundschaften. Gemeinsam legen sie sich dann zum Wiederkäuen hin.
Mir war zunächst aufgefallen, dass es nur noch selten Kühe auf der Weide gibt, auch nicht im Sommer. Das war noch vor Jahren anders. Den Sommer verbrachten die Kühe auf der Wiese. Heute gewährt ihnen das kaum noch ein Bauer.
Wohlfühlen in Matsch und Modder
Gleiches gilt für die Schweine. Denn wo sieht man heute noch Schweine in Matsch und Modder wühlen. Doch das sind ursprüngliche Verhaltensweisen von Schweinen. Wenn man sie im Film sieht, erkennt man, dass sie sich dabei wohl fühlen.
Doch besonders die Hühner haben mich überrascht. Sie lieben es sich mit Sand zu bespritzen und im Sand zu baden. Das sieht schon seltsam aus, wie sie Sand auf ihre Federn schleudern. Auch Hühner fühlen sich erst in der Gemeinschaft wohl. Und zu etwa 15 Hühnern gehört ein Hahn. Den Nutztieren wird dies jedoch bei der Massentierhaltung nicht mehr gewährt.
Wiederkäuer: Cool und Gelassen
Im Film fällt auf, wie Rinder und Schafe so gemächlich und schier endlos vor sich hin kauen. Das erweckt den Eindruck als seien sie total gelassen und macht auf mich einen coolen Eindruck. Mir stellt sich die Frage, ob das Kaugummi kauen den Wiederkäuern abgeschaut wurde.
Denn Rinder und Schafe wie auch Ziegen, Hirsche oder sogar Giraffen sind Wiederkäuer. Damit sind sie ihrer Ernährung angepasst. Die nämlich besteht vor allem aus Gras. Doch Gras enthält wenige Nährstoffe und viel unverdauliche Cellulose. Um das Gras verdauen zu können, besitzen die Wiederkäuer mehrere Mägen.
Bevor das Gras in den normalen Labmagen kommt, landet es erstmal in Vormägen. Der größte ist der Pansen, beim Rind kann er bis zu 180 Liter Inhalt aufnehmen. Hier wirken Mikroorganismen, um die Cellulose chemisch zu zersetzen. Von den Vormägen wandert der Grasbrei aber noch nicht in den eigentlichen Magen, sondern zunächst würgen die Tiere den Mageninhalt zurück ins Maul. Und da beginnt das Wiederkauen, das so einen gelassenen Eindruck hinterlässt. Erst wenn sie den Grasbrei gründlich durchgekaut haben, schlucken sie ihn ein zweites Mal hinunter. Das mag zwar Ekel hervorrufen. Doch dabei sehen unsere wiederkäuenden Nutztiere so gelassen aus.
Verdauen in geschütztem Versteck
Die Vorfahren der wiederkäuenden Nutztiere, die in der Wildnis Feinde hatten, konnten auf diese Weise schnell sehr viel Gras fressen und sich dann von der freien Grasfläche zurück ziehen. Denn im Freien waren sie für die Feinde sichtbar. Zum Verdauen legten sie sich an eine geschützte Stelle.
Dieses ruhige Verdauen erinnert an die Anakonda. Denn die Würgeschlange schlingt eine Beute vollständig hinunter und liegt danach lange ruhig in einem Versteck, um die Beute zu verdauen. Während des tagelangen Verdauens ist die Anakonda ziemlich wehrlos.
Auch das Faultier hat mehrere Magenkammern und verdaut auf eigene Weise. Denn das Faultier ernährt sich von den Blättern der Regenwaldbäume und die sind hart und zum Teil giftig. Deshalb dauert die Verdauung sehr lange. So können die Faultiere auch mit ihrer Verdauung punkten: Sie haben die langsamste Verdauung aller Säugetiere. Die Verdauung kann bis zu zwei Wochen in Anspruch nehmen. Ein sehr ineffektiver Prozess, der wenig Energie erzeugt. Das aber passt zu den Faultieren. Denn sie verbrauchen so wenig Energie wie möglich und bewegen sich so langsam wie ihre Verdauung.
Zudem gibt es im Amazonas noch einen sehr seltsamen und merkwürdigen Vogel, den Hoatzin, der ebenfalls eine eigenartige Verdauung hat. Wie das Faultier nährt sich auch der Hoatzin vor allem von tropischen Blättern, die oft toxisch sind. Um die harten und giftigen Blätter verdauen zu können, hat der Hoatzin, auch Schopfhuhn genannt, eine speziell ausgerichtete Verdauung.
Quellen:
Wikipedia: Wiederkäuer
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