Pororoca – die Monsterwelle

Die größte Flusswelle der Erde bringt Kick und Chaos

Pororoca
Der Brasilianer Serginho Laus hält den Rekord auf der Pororoca.

Die größte und gefährlichste Flußwelle der Erde erhebt sich jedes Jahr im Frühling im Atlantik und rollt den Amazonas hoch. Dann reißt sie alles mit sich fort – bis zu 4 Meter hoch türmt sich das Wasser. Paradies für Extrem-Surfer aus aller Welt, doch Hölle für Uferbewohner und Tiere.

Man hört sie, bevor man sie zu Gesicht bekommt. Die Riesenwelle im Amazonas heißt nicht von ungefähr Pororoca. Denn die Bezeichnung Pororoca kommt von den Tupi-Indianern und bedeutet soviel wie „großes, zerstörerisches Grollen“. Die ungewöhnliche Flutwelle türmt sich im Mündungsgebiet des Amazonas bis zu 4 Meter hoch und rollt gegen die Strömung des Flusses Kilometer weit den Amazonas hinauf und die Nebenflüsse hoch.

Das spektakuläre Naturphänomen tritt vor allem im Frühjahr auf, jeweils um die Zeit des Vollmondes, besonders im März und April. Dann wird die Welle zum Naturschauspiel, das mittlerweile viele Touristen und vor allem Extrem-Surfer anzieht.

Dies ist ein brasilianisches Werbevideo. Darin nimmt die Firma die Riesenwelle als Aufhänger und gestaltet diesen romantischen Kurzfilm. Aber sehr schöne Bilder. 

Beim Kräftemessen mit dem Amazonas gewinnt die Pororoca

Die Riesenwelle hat ihre Ursache in den gigantischen Gezeiten, die der Vollmond hervorruft. Bei Ebbe strömt das Amazonas-Wasser in den Atlantik und drückt das salzige Meerwasser zurück. Doch dann wendet sich das Blatt: Die Flut lässt die riesige Welle entstehen, die gegen die Strömung des mächtigen Amazonas siegt und den Fluss hinaufdonnert. Die Flut des Ozeans besiegt den mächtigen Amazonas. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es so hohe, gewaltige Springfluten.

Die Welle erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 65 Kilometer pro Stunde. Dabei wälzt sie sich Hunderte von Kilometern den Amazonas hinauf.  Dann reißt sie alles mit, was ihr in die Quere kommt. Jedes Jahr nimmt sie Teile des Ufers mit samt den Tropenbäumen. Sie überflutet die Uferregionen bis zu 100 Meter ins Landesinnere.

Bewohner und Tiere fürchten die zerstörerische Kraft der Monsterwelle

Die Menschen am Ufer, vor allem Fischer und Farmer, leben in Holzhäusern auf Pfählen. Sie müssen sich jedes Jahr auf die Zerstörungen der Welle einstellen. Wenn das Risiko zu groß wird, von der Welle im nächsten Jahr mitgerissen zu werden, ziehen sie mit samt ihrem Haus und ihren Büffelherden weiter landeinwärts. Für sie ist die Pororoca eine gefährliche Monsterwelle, vor der sie sich fürchten. Sie nennen die Welle den Tsunami des Amazonas.

Pororoca: Surfing the Amazon (26 min. Documentary) from Bill Heath on Vimeo.

Bill Heath hat ein sehr realistisches Video über die Riesenwelle gedreht. Der Film gibt die Stimmung und Atmosphäre sehr authentisch wieder.

Auch für die wilden Tiere bedeutet die Riesenwelle höchste Gefahr. Sie spüren lange bevor die Welle kommt, lange bevor man das Grollen vernehmen kann, dass sie sich in Sicherheit bringen müssen. Sie ziehen sich dann weit vom Ufer landeinwärts zurück.

Mit dem Surfbrett auf der Monsterwelle den Fluss hinauf

Die Surfer-Szene entdeckte die Welle 1997. Seither treffen sich die besten und härtesten Surfer aus aller Welt im März und April im Amazonas-Delta, um den längsten Ride auf einer Welle zu erleben. Wenn ein Surfer im Meer eine gute Welle erwischt, wird sie ihn eine halbe Minute tragen. Doch dem Amazonas scheinen die Surfer besonders zu gefallen. Die Pororoca gibt Surfern bis zu einer halben Stunde lang den Spaß und Kick mit den Wassermassen den Strom hoch zu surfen.

Seit 1999 gibt es jedes Jahr in Sao Domingos da Capim in Nordbrasilien der „Pororoca Surf Championship“. Der Ort liegt etwa 90 Kilometer von der Mündung landeinwärts. Im Jahr 2003 stellte Serginho Laus den Rekord auf.  Dabei blieb er 36 Minuten lang auf seinem Surfbrett, während die Monsterwelle ihn über 6 Kilometer weit trug.

Das kleine Sao Domingos da Capim kann den Ansturm der Surfer, Zuschauer und Journalisten kaum bewältigen. Jeden Frühling strömen Tausende von Menschen in den kleinen Ort, um die Pororoca und den Wettbewerb zu erleben. Dabei ging in der Vergangenheit das Trinkwasser aus und das Essen wurde knapp.

Noch gehört der Wettbewerb nicht zu den anerkannten Highlights der etablierten Surfer-Szene. Doch der Championship ist de einzige Surfer-Wettbewerb auf einem Fluss.

Vor Krokodilen, Piranhas und Schlangen auf der Hut sein

Den Surfern muss es gelingen, von einem Motorboot aus auf die Welle zu kommen. Wer sie verfehlt, muss lange auf die nächste warten. Dabei ist es angeblich schwerer auf einem Fluss zu surfen, als auf dem Meer. Denn im Meer trägt das Salz im Wasser die Ausrüstung. Auf dem Fluss muss man dagegen mehr Acht geben nicht unterzugehen.

Im Amazonas fürchten sich die Surfer zwar nicht vor Haien. Doch andererseits müssen sie vor Krokodilen, Schlangen, Stechrochen und Piranhas auf der Hut sein.

Die schmutzig-braune Riesenwelle stellt für die Surfer eine besondere Herausforderung dar. Denn sie führt tonnenweise abgerissene Erde vom Ufer und Dreck mit sich, ja reißt ganze Bäume vom Ufer und spült alles den Fluss hinauf, wirft Boote um oder spült sie in den Wald.

Der Brailianer Serginho Laus hält den Rekord mit 36 Minuten surfen auf der Monsterwelle. Er setzt sich für den Schutz des Amazonas ein. In seinem Film zeigt er die faszinierende Schönheit seiner Heimat. 

Ins Licht der Öffentlichkeit kam die Pororoca seit Ende der 90iger Jahre die internationale Surfer-Szene das Naturphänomen für sich entdeckte. Doch bereits die europäischen Eroberer kannten das Naturschauspiel. Der bayerische Naturforscher Karl Friedrich Philipp von Martius beschrieb die zerstörerische Kraft der Monsterwelle. Der französische Ozean-Forscher Jacques Cousteau kenterte mit seinem Boot, als er 1984 die Riesenwelle filmen wollte. Dabei verlor er einen Teil seiner Ausrüstung.

Quellen:

  • Fritz Neumann: Surfeando el Amazonas, in RUMBOS No.38 Peru 2003
  • Larry Rohter, “Far from the ocean, surfers ride Brazil´s endless wave”, in: The New York Times
  • Victor M. Ponce, “What a Bore!”
  • Wikipedia.org: Pororoca (30.09.2016)
Über Bernd Kulow 168 Artikel
Als Journalist gestalte ich diese Webseite. Seit 2 Jahren bin ich freischaffender Filmemacher unter dem Namen MANGO-Film. Gearbeitet habe ich für dpa, DIE ZEIT, stern, Frankfurter Rundschau, Hörfunk und Fernsehen. Der Regenwald hat mich von klein auf fasziniert. Mehrfach war ich in Mittel- und Südamerika unterwegs. Dabei hat mich vor allem der Amazonas Dschungel beeindruckt.

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