Umweltschützer und Indigene haben einen großen Sieg errungen. Denn die Regierung in Brasilien hat den Bau eines Mega-Staudamms im Amazonasgebiet gestoppt. Doch eine Unmenge weiterer Staudämme sind geplant. Damit bahnen sich katastrophale Zerstörungen für den Regenwald an.
Zwar haben die Indigenas einen Riesenerfolg für den Regenwald und ihre Heimat errungen. Denn der São-Luiz-do-Tapajós-Staudamm im Herzen des Amazonas-Regenwalds bleibt ein Staudamm auf dem Papier. Doch die brasilianische Regierung plant den Bau von Dutzenden oder gar Hunderten weiterer Staudämme im Amazonas-Becken. Das aber hätte katastrophale Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem Regenwald. Denn das größte Flusssystem der Erde würde irreparable Schäden erleiden.
Die Staudämme halten nämlich nicht nur das Wasser zurück, sondern auch den Schlamm. Den Schlamm – reich an Sedimenten und Mineralstoffen – transportieren die Flüsse bis ins Amazonas-Tiefland. Damit versorgen sie die Wälder und Feuchtgebiete mit Nährstoffen. Bis in das riesige Mündungsgebiet an der Atlantikküste gelangen die Nährstoffe. Dort bilden sie die Grundlage für die Mangrovenwälder.
Brasilien plant über 500 Staudämme im Amazonas
Überdies behindern die Staudämme die Wanderungen unterschiedlicher Fischarten. Ganz abgesehen davon, dass Urwald zerstört wird, um Zugangsstraßen und Stromleitungen zu bauen. Nach Angaben des Online-Wissensmagazin scinexx plant die brasilianische Regierung insgesamt 568 Staudämme. Davon sind 140 bereits fertig gestellt oder im Bau.
Das Wissensmagazin zitiert die Wissenschaftler einer großen Studie, die das Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht hat. „Wenn auch nur ein Bruchteil dieser Dämme gebaut wird, wird dies bedeutende Umweltfolgen haben, die unumkehrbar sind“, warnen die Forscher. „Es existiert keine vorstellbare Technologie, die dann diese Folgen wieder rückgängig machen könnte.“
Der Mega-Staudamm Belo Monte soll im Jahr 2019 fertig gestellt sein. Erste Turbinen nahm man bereits 2016 in Betrieb. Drei Talsperren werden den Rio Xingu zu zwei Stauseen aufstauen, so die Planung. Damit erreicht das gestaute Wasser etwa die Fläche des Bodensee. Mit 11 Gigawatt soll es das viert größte Wasserkraftwerk der Welt werden. Doch dafür müssen Zigtausende von Indigenen umgesiedelt werden. Die Stauseen zerstören den Lebensraum von 18 ethnischen Gruppen. Zum anderen verhindert der Staudamm die Wanderungen der Fische. Überdies zerstört das gigantische Bauprojekt große Flächen von Regenwald.
Freude bei den Indigenen
Das Ende des São-Luiz-do-Tapajós-Staudamms jedenfalls ist ein großer Erfolg für das indigene Volk der Munduruku und für den Schutz des Waldes. Darüber freuen sich auch viele der 1,2 Millionen Menschen weltweit, die online die Greenpeace-Kampagne gegen den Dammbau unterstützt haben.
Der Stausee sollte das Stammesgebiet der Munduruku überfluten. Das hätte den Tod hunderter bedrohter Tier- und Pflanzenarten bedeutet. Denn das Tapajós-Tal zählt zu den artenreichsten Regionen der Erde. Dort sind nicht nur die Munduruku beheimatet, sondern finden Jaguar, Flussdelfin und Seekuh ihren Lebensraum. Hier leben viele seltene Fischarten und Vögel.
„Wir Munduruku sind sehr glücklich über diese Nachricht“, freut sich Arnaldo Kabá Munduruku, das Oberhaupt des indigenen Volkes. Doch er bleibt kämpferisch: „Jetzt werden wir unseren Kampf auch gegen die anderen geplanten Staudämme an unserem Fluss weiterführen.“
Der São-Luiz-do-Tapajós-Staudamm ist zwar vorerst gestoppt. Doch die Regierung Brasiliens plant den Bau vieler weiterer Staudämme. Sie will damit den enormen Energiebedarf des wirtschaftlich aufsteigenden Landes decken. Dagegen halten Umweltexperten alternative Energieerzeugung für möglich. Nach ihren Studien sind Sonne und Wind in Brasilien ausreichend vorhanden. Zu den Staudämmen im Herzen des Amazonas Regenwalds gibt es Alternativen.
Die Pläne für den gigantischen Staudamm Belo Monte reichen bis in die Zeit der Diktatur in den 70er Jahren zurück. Der Baubeginn war dann im August 2011. Seither haben Richter die Bauarbeiten wiederholt gestoppt. Doch das führte nur zu Verzögerungen. Dieser Film schildert den langen, erbitterten Widerstand gegen das monströse Wasserkraftwerk.
Proteste gegen Siemens wegen Beteiligung am Staudamm
Gegen den Bau des São-Luiz-do-Tapajós-Staudamms gab es weltweit eine starke Protestbewegung. Im Munduruku-Gebiet Sawré Muybu am Tapajós-Fluss hatten Umweltschützer und Freunde der Munduruku Stellung bezogen. Dort unterstützten sie den Widerstand der Indigenen gegen den Bau des Staudamms. Gemeinsam mit den Munduruku markierten sie zudem deren Land mit Grenzschildern.
Auch Greenpeace stellte sich gegen das Projekt. Ehrenamtliche der Umweltorganisation führten Aktionen gegen das verantwortungslose Mammutprojekt durch. Dabei richteten sich die Proteste vor allem gegen die Firma Siemens. Denn deren Tochterunternehmen Voith Hydro plante Bauteile für den Staudamm zu liefern. Zu dem Stopp des Dammbaus hat das Unternehmen bislang keine Stellung bezogen.
Und hier zeigen stolze Ingenieure ihre Arbeit. Eine Mega-Turbine und der Transport nach Belo Monte.
Der Widerstand hat noch weite Strecken vor sich
Durch die Absage des Bauprojekts ist Siemens ein großes Auslandsgeschäft weggebrochen. „Der Tapajos-Staudamm war für Siemens ein Lackmustest“, sagt Christoph Thies, Greenpeace-Experte für Wälder. Der Konzern muss jetzt weltweit aus Projekten aussteigen, die den eigenen Nachhaltigkeitsansprüchen widersprechen, fordert er. Denn offiziell orientiert sich Siemens an den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Dadurch will die UNO das vollständige Abholzen ganzer Waldgebiete stoppen.
Doch noch ist der Kampf nicht beendet. Denn die brasilianische Regierung plant den Bau weiterer Wasserkraftwerke am Tapajós. Allein im Laufe dieses Flusses sollen über 40 große Staudämme mit mehr als 30 Gigawatt maximaler Leistung entstehen. Vier von ihnen haben für die brasilianische Regierung eine besonders hohe Priorität. Der fünfte war der jetzt verhinderte São-Luiz-do-Tapajós-Damm. Er war der größte der angedachten Projekte. Doch jetzt ist er nur noch Geschichte.
Take action: Zumindest diese Petition von amazonwatch unterschreiben.
Quelle:
- Meldung von Greenpeace 05.08.2016: Verdammt erfolgreich!
- Wissensmagazin scinexx: „Mega-Staudämme bedrohen Amazonasgebiet“
Bildernachweise:
- Belo Monte Wasserkraftwerk: By Pascalg622 (Own work)
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